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Männer – Rosen ohne Dornen?

Wieder einmal war Vatertag.

Im Gegensatz zum Muttertag, wird dieser Tag oft dazu genutzt, dass sich Männer mit ihren Kumpeln treffen, mit einem Bollerwagen voller Bierflaschen durch die Gegend fahren und in einem Biergarten oder einer Kneipe haltmachen und es sich ohne Frau und Kinder einmal gut gehen lassen. Dieses Jahr vielleicht etwas eingeschränkt durch die fehlende Möglichkeit der Kneipe oder des Biergartens und der noch immer bestehenden Kontaktbeschränkung.

Aber im Allgemeinen dient dieser Tag nicht der Familie, wie es beim Muttertag der Fall ist, sondern dem Mann in Gemeinschaft mit anderen Männern. Sonderbar, dass es dann „Vatertag“ heißt, vielleicht wäre „Männertag“ passender.

Braucht es einen Tag, um aus der Familie „auszubrechen“ und sich selbst anders zu sehen, so wie es vielleicht auch den Stammtisch braucht, zumindest in Bayern? Was ist also das (Rollen-) Verständnis des Mannes, wie sieht er sich, wie sehen Frauen ihn?

Männer können, glaube ich, selber schwer beschreiben, wie sie sich selbst sehen. Schon eher können sie beschreiben, was ihre Werte sind. Da werden häufig Beruf, Familie, Hobby, Freunde genannt. Auch nichts wirklich Neues, wenig spektakulär.

Aber warum gibt es dann immer mehr Kurse, die „wahres Männersein“ anbieten? Wo Männer um ein Feuer tanzen, im Wald übernachten und Sonderbare Laute in den Himmel rufen? Ist das wirklich Mann sein in unserer Gesellschaft? Kann „Mann“ die Kraft und Energie, die er in diesen Kursen erleben soll, wirklich in unsere Kultur, in sein Leben integrieren? Oder geht es nur darum, einmal wieder mit etwas Ursprünglichem in Berührung zu kommen? Und wenn ja, was ist dieses „Ursprüngliche“? Was also ist „Mann sein“?

In unserer Gesellschaft scheint der Mann mittlerweile so sozialisiert, dass er neben männlichen Attributen auch Sensibilität und Feinheit beweisen soll, zumindest scheint das in den meisten Beziehungen so erwünscht und erhofft.

Im Beruf soll er Führungskompetenz haben, logisch denken, anpackend sein, aber auch Teamgeist beweisen, Fairplay und Feinfühligkeit.

Ein bisschen wie eine Rose ohne Dornen, nur das Schöne, Bequeme soll bleiben.

Natürlich gelten all diese Dinge wahrscheinlich auch im Umkehrschluss für die Rolle der Frau in unserer Gesellschaft, aber das soll hier nicht das Thema sein.

Wie schafft der Mann also den Spagat von all diesen Anforderungen an seine Person? Meines Erachtens nach oft gar nicht, auch wenn er sich wirklich bemüht. Und da Männer im allgemeinen nicht die großen Redner sind, ihre Gedanken, geschweige denn ihre Gefühle, kaum bis gar nicht in Worte fassen können, entsteht durch diesen unlösbaren Spagat in der Beziehung oft Disharmonie, die in Schweigen gehüllt wird, oft auch trotz Nachfragen der Frau, die eine Antwort erhofft, die der Mann oft selbst nicht kennt. Und im schlimmsten Fall kommt es zu unlösbaren Konflikten.

Im Beruf sieht es oft ähnlich aus, trotz häufig bemühter Supervisionen, Teamsitzungen, Coming togethers usw. Hier endet das Ganze häufig in einem Burn out, der bei Männern oft so lange hinausgezögert wird (wenn ich das einmal so ausdrücken darf), bis wirklich gar nichts mehr geht und die Regeneration umso länger dauert.

Wie also kann Mann sich sehen? Wie kann Frau den Mann sehen?

Ich glaube, viel mehr als bei Frauen, muss der Mann zunächst einmal das Gefühl haben, einfach sein zu dürfen, „da“ sein mit all seinen Eigenschaften, die er oft selbst nicht kennt.

Auch hier ist nicht zu vergessen, dass Männer individuell sind. Was für einen gilt, muss für den nächsten noch lange nicht gelten. Wenn der Eine gerne mit Kumpels zum Stammtisch geht, liest der andere lieber ein Buch. Und der eine geht gerne zum Fußball, während der andere Tai Chi macht.

Das einfachste ist vielleicht, den Mann als Mensch zu sehen, mit seiner eigenen Schönheit und seinen eigenen Eigenheiten. Als Individuum, das Raum braucht, sich und seine Potenziale kennen zu lernen und zu entfalten und seine eigene Schönheit zu entdecken - mit all den ihr innewohnenden Seiten. Dies kann auch scheinbar unbequeme Eigenschaften beinhalten, aber einmal ehrlich: Wer will schon eine Rose ohne Dornen?