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Freie Gedanken?

"Die Gedanken sind frei, niemand kann sie erraten".

Dieses Lied haben wir manchmal in der Grundschule gesungen, der weitere Text ist mir nicht mehr erinnerlich, auch nicht, von wem es ist.

Aber wie ist das mit den Gedanken? Sind sie wirklich frei?

Oder sind sie Produkte unseres konditionierten Verstandes? Und wer kann das sagen oder beurteilen?

Wahrscheinlich kaum der Verstand selbst, wenn er die Gedanken produziert. Wie Eckhart Tolle schon sinngemäß sagt, wäre das wie ein "Feuerwehrmann, der den Brandstifter sucht, der er selber ist."

Kennen wir unseren Verstand so gut, dass wir wirklich sagen können, dass er "freie Gedanken" produziert? Und womit können wir unseren Verstand kennen lernen?

Auch hier, wohl kaum mit dem Verstand selbst.

Wenn wir meditieren, versuchen wir in vielen Meditationspraktiken, den Verstand auszuschalten. Mit Glück und Übung wird er dann vielleicht still, zumindest für die Zeit der Meditation. Aber danach springt er in den allermeisten Fällen wieder an, wie eine wildgewordene, sich selbst steuernde Maschine, und häufig kommen oft nach solchen Zeiten der Stille noch viel mehr, viel ungeordnetere Gedanken, die sich häufig als völlig zweck- und zielfrei erweisen.

Ist das wirklich der Sinn der "freien Gedanken"?

Der oben erwähnte Liedtext bezog sich meiner Erinnerung nach darauf, dass kein anderer Mensch kontrollieren kann, was ein anderer denkt und daher trotz Zensuren verschiedener Länder, die Gedanken frei, unkontrollierbar, sind.

Es stellt sich aber die Frage, ob wir wirklich Gedanken wollen, die auch von uns selbst unkontrollierbar sind, automatisch aufpoppen, ständig da sind und oft zu keinem erkennbaren Ziel führen.

Wenn unsere Hände ein solches Eigenleben führen würden, würden wir ständig mit den Händen herumwedeln und Verrenkungen machen und es leuchtet wohl ein, dass uns das viel Energie kosten würde, keinen Sinn erfüllt und zusätzlich noch ziemlich sonderbar aussähe.

Aber die Gedanken führen sich meistens so auf, natürlich in den meisten Fällen "nur" in unserem Hirn, nicht sichtbar für andere, zumindest größtenteils.

Aber sie kosten sicher genauso viel Energie wie das "Hände wackeln" und erfüllen in den allermeisten Fällen auch nicht mehr Zweck.

Nun stellt sich die Frage, was "frei" denn wirklich bedeutet.

Frei von Gedanken zu sein, wie in einer Meditation, ist sicher eine Möglichkeit, aber wer schafft das schon in seinem normalen Leben. Und nicht alle von uns wollen Zen-Mönche werden.

Der erste Schritt zu freien Gedanken ist meines Erachtens der, sich bewusst zu machen, dass im Normalfall die Gedanken überhaupt nicht frei sind, sondern vom Verstand ständig auf die eigene Bühne gezerrt werden, ob wir das nun gerade wollen, oder nicht.

Der zweite Schritt wäre demnach, festzustellen, dass "freie Gedanken" vielleicht gar nicht dem Verstand entspringen, sondern den Verstand nur als Bühne benutzen, um ins Bewusstsein zu treten.

Vielleicht entstammen "freie Gedanken" einer anderen Quelle als dem Verstand, und vielleicht haben sie eine andere Qualität, als die vom Verstand gedachten Gedanken.

Diese Überlegung - wenn es denn eine ist - wurde schon von zahlreichen Menschen angestellt. Von Eckhart Tolle beispielsweise, um nur einen zu nennen. Und vielleicht ist es eine "Überlegung" wert, diese Annahme, dass "freie Gedanken" einer anderen Quelle, als dem Verstand entspringen, einfach einmal zuzulassen.

Einfach einmal diese Annahme zulassen, ohne sofort wissen zu wollen, was denn die Quelle dieser „freien Gedanken“ ist, wo sie zu finden ist usw.

Einfach einmal diese Annahme zulassen, in den "Verstand einsickern" lassen und dann schauen, welche Gedanken sich nun bilden.

Vielleicht haben sie eine andere Qualität und sind wahrlich frei!