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Wenn der Tod kommt

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Wenn der Tod kommt

Mein Onkel ist gestorben.

Er war in einem Alter, in dem man durchaus sterben darf.

Auch hatte jemand die Idee, ihn noch einer Chemotherapie zu unterziehen. Und bei der Vorbereitung darauf hat er sich wohl aus dem Staub gemacht.

Eigentlich gut für ihn.

Trotzdem bleibt ein Gefühl der Beklemmung.

Seine Kinder sind betroffen, weil ihr Vater nicht mehr da ist.

Seine Geschwister sind betroffen, weil einer aus der Familie nicht mehr da ist.

Seine Freunde sind betroffen, weil einer aus der Gemeinschaft nicht mehr da ist.

Dabei ist doch eigentlich klar, dass wir alle irgendwann sterben werden.

Wir werden geboren, und wir werden sterben.

Zu jeder Sekunde wird jemand geboren, und jemand stirbt.

Wie auf einem Flughafen: wir kommen mit einem Flieger an, verweilen eine Weile, und fliegen mit einem anderen Flugzeug weiter.

Und was machen wir dazwischen? Was machen wir mit unserer Lebenszeit?

Allzu oft machen wir uns Gedanken, die oft in Sorgen und Ängsten münden.

Wie oft verweilen wir in Erinnerungen an die Vergangenheit, die häufig nicht die schönen Erinnerungen sind, sondern eher die unschönen.

Wie oft machen wir uns Gedanken um die Zukunft, von der wir eigentlich gar nicht wissen, ob sie eintritt, da auch wir nicht wissen, wann unser nächster Flieger abheben wird.

Vielleicht ist es das Leben, das wir verpassen, und das sich bei solchen Ereignissen wie dem Tod eines lieben Menschen bemerkbar macht.

Vielleicht will es uns sagen, dass wir nicht nur auf diesem Flugsteig herumstehen sollen, um auf unseren Flug zu warten, sondern dass wir in der Zeit auch mal raus gehen können – weg von den Warteplätzen, in die Flughafenhalle und von dort dann ganz raus.

Und einfach mal schauen, was da alles so ist.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch.

Natürlich ist es traurig, wenn ein lieber Mensch von uns geht.

Dass er nicht mehr in seiner Form da ist, nicht mehr greifbar ist – daran müssen wir uns gewöhnen.

Und es ist auch wichtig zu trauern, traurig zu sein.

Es gibt allerdings auch native Völker, die den Tod feiern, genauso wie sie eine Geburt feiern.

Sie sagen, dass eine Seele, die auf diese Welt kommt, gleichzeitig dort wo sie herkommt, stirbt.

Und wenn die Seele von hier wieder geht, wird sie dort, wo sie herkam, wiedergeboren.

Daher sei kein Grund zur Trauer, sondern zur Freude.

Ob das jetzt unbedingt in unsere Kultur passt, sei dahin gestellt.

Neben der Beklommenheit bin auch ich traurig.

Natürlich, denn ich habe ja auch schöne Erinnerungen an ihn.

Und natürlich ist es traurig, dass ich nicht mehr mit ihm sprechen kann, und er auf Familienfeiern nicht mehr bei uns sitzen wird.

Aber ich glaube nicht, dass es ihm schlecht geht, wo auch immer er nun ist.

Und ich glaube, er würde sagen, dass das Wichtigste im Leben die Freude ist!

Die Freude, an allem was ist, was das Leben uns bietet.

Die Freude am Leben selbst.

Und ich glaube, er würde es komisch finden, wenn wir am Flugsteig verharren, um auf den Flieger zu warten.

Er würde uns auffordern, hinaus zu gehen.

Auch wenn es erst etwas unheimlich ist, weil ungewohnt.

Aber er würde uns Mut machen, und sagen, dass wir das schon schaffen.

Und dass wir fröhlich und freudig alles annehmen sollen, was unser Leben uns bringt.

Und dann können wir uns ja wieder am Flughafen einfinden.

Der eine schneller, der andere langsamer.

In die Flughafenhalle gehen, und von dort zum Check-in.

Wo unser Flieger uns erwartet, mit dem wir weiterziehen - wohin auch immer.

In diesem Sinne wünsche ich meinem Onkel eine gute Reise!